Batterien in Elektroautos: Recycling vor neuen Herausforderungen
Batterien in Elektroautos: Recycling vor neuen Herausforderungen
Daniel Christen, Geschäftsführer der Stiftung Autorecycling, ist Experte in Bezug auf Batterie-Recycling im Automobilbereich und arbeitet eng mit auto-schweiz zusammen.
Mit dem sich anbahnenden Boom von Elektroautos wird die Zahl alter Batterien in Zukunft deutlich steigen. Nach Einschätzungen des Center for European Policy (CEPS) liegen in einem verstärkten Recycling von Lithium-Ionen-Batterien und -Akkus enorme ökonomische und ökologische Chancen. Herr Christen, wie sieht die Recycling-Situation in der Schweiz aus?
Daniel Christen: Heute haben wir praktisch noch keine alten Lithium-Batterien zum Verwerten. Wir rechnen erst in 10 bis 15 Jahren mit grösseren Rückläufen zur Verwertung. Erst seit wenigen Jahren werden Lithium-Ionen-Batterien in Elektro- und Hybridfahrzeugen eingesetzt. Der Hybridpionier Toyota verwendete Nickelmetall-Hydrid-Batterien, also eine andere Technologie. Praktisch alle Automobilhersteller geben eine Garantie von 8 Jahren oder 100‘000 bis 200’000 Kilometer Fahrleistung auf die Antriebsbatterien. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Batterien bei normalem Gebrauch sogar bis zum Lebensende des ganzen Fahrzeuges halten können.
Und was passiert mit den ausgedienten Akkus?
Im Laufe der Zeit reduziert sich die Kapazität der Batterie. Fällt sie unter 70 Prozent, muss sie ersetzt werden. Die Restkapazität genügt jedoch für eine weitere Anwendung im stationären Speicherbereich, zum Beispiel in Kombination mit Photovoltaik oder Windenergie. Diese Energien fallen bekanntlich nicht immer zur selben Zeit an, wie Strom benötigt wird. Mit steigender Installation von Alternativenergien braucht es zwingend Zwischenspeicher. Gebrauchte Lithium-Batterien aus Fahrzeugen können demzufolge weitere 10 Jahre im Betrieb stehen.
Sie sagen, dass erst in 10 bis 15 Jahren mit grösseren Lithium-Batterie-Rückläufen zu rechnen ist. Was benötigt es bis dahin für ein effizientes Recycling in der Schweiz?
Für eine effiziente Branchenlösung benötigen wir ein Netz von Betrieben auf verschiedenen Stufen:
a. Ausbau der Batterien: Die Betriebe benötigen das Fachwissen, die Werkzeuge sowie einen vorgesehenen Platz für den Ausbau der Hochvolt-Batterie;
b. Aufbereitungs- und Demontagecenter: Eine Diagnose zeigt den Zustand der Batterie. Kann sie direkt als Gebrauchtbatterie verwendet werden, können einzelne Zellen oder Module getauscht werden oder muss sie rezykliert werden? In diesem Fall wird sie zerlegt.
c. Recyclinganlage: Die Zellen werden in einem hydro- oder pyrometallurgischen Prozess behandelt. So können die Rohstoffe zurückgewonnen werden. In der Schweiz verwertet die Firma Batrec seit Jahren Haushaltbatterien. Sie kann heute ebenfalls Lithium-Batterien verarbeiten.

Welchen Herausforderungen muss sich die Branche heute beim Recycling von Lithium-Batterien stellen?
Aktuell beschäftigt uns der Umgang mit verunfallten Elektro- und Hybridfahrzeugen, bei denen die Batterien in einem unsicheren Zustand sind. Defekte Lithium-Batterien können sehr schnell brennen, was den Transport schwierig und teuer macht – trotz speziellen, feuerfesten Behältern. Ein weiterer Punkt betrifft die Finanzierung. Zurzeit ist die Branche daran die dereinst anfallenden Kosten für das Recycling abzuklären.
Welche zukünftigen Entwicklungen haben einen Einfluss auf die Finanzierung des Recyclings?
Es gibt grosse Unsicherheiten beim Timing, der Qualität und der Marktentwicklung: Können die Batterien in 10 bis 15 Jahren tatsächlich wiederaufbereitet werden oder müssen sie zerlegt und so rezykliert werden? Werden stationäre Speicher aus ausgedienten Fahrzeugbatterien realisiert und entsteht genügend Nachfrage nach Lithium-Batterien? Wie entwickeln sich die Rohstoffpreise und die Technologie? Wir sehen beispielsweise heute schon, dass das teure Kobalt durch günstigeres Nickel ersetzt wird. Je günstiger das durch das Recycling zu gewinnende Material ist, desto schwieriger ist es, ein selbsttragendes System zu betreiben.