Sie waren praktisch, unkompliziert und vor allem gratis: die meist weissen Einweg-Plastiksäcke. Am 1. November 2016 hat die Migros als erste grössere Detailhändlerin flächendeckend einen Preis von fünf Rappen auf diese Säcke eingeführt – und seither wurden diese schon fast zu einem Auslaufprodukt. Ein Augenschein in der Migros-Filiale Limmatplatz in Zürich.
Es ist Freitagmorgen in der Zürcher Migros-Filiale Limmatplatz. Um 10 Uhr werden die Kassen und Subito-Checkout-Stationen gerade von vielen Schülerinnen und Schülern aus der Nachbarschaft in Beschlag genommen. Die meisten verlassen den Laden mit Backwaren in den dafür vorgesehenen durchsichtigen Brot-Plastiksäcken, manchmal steckt auch noch eine Frucht mit drin. Die weissen Einwegsäckli an den Kassen bleiben jedoch unbenutzt – ein deutlicher Unterschied im Vergleich zur Situation vor der Einführung des Preises von fünf Rappen. Filialleiterin Erika Schellenberg bestätigt den Eindruck: «Ja, das ist so, wir benötigen sicher 80 Prozent weniger davon.»
Alles in die eigenen Taschen
Auch in den nächsten zwei Stunden sind kaum Kunden mit Einwegsäcken auszumachen. Viele haben ihre eigenen Taschen dabei oder packen alles in Rucksäcke oder Handtaschen. Dass die Einweg-Plastiksäcke seit 1. November etwas kosten, komme bei den Kunden gut an, wie Erika Schellenberg sagt: «Wir hatten praktisch nur positive Reaktionen.» Das hänge sicher auch damit zusammen, dass die Migros im Vorfeld breit darüber informiert habe. Eine Verlagerung zu anderen Gratissäcken wurde in der Filiale Limmatplatz nicht festgestellt, so Erika Schellenberg: «Hin und wieder packt jemand die Gratissäcke für Brot, Früchte oder Gemüse für den Einkauf ein.» Werde das gesehen, weise man den Kunden nett darauf hin, dass diese nicht dafür gedacht seien. Während an den regulären Kassen die kostenpflichtigen Einwegsäckli kaum jemals an den wachen Augen der Kassiererinnen gratis vorbeikommen, könne es an den Subito-Selfscanning-Stationen schon mal sein, dass jemand das Scannen verpasse, wie Erika Schellenberg ausführt: «Allerdings ist es bereits auf dem Homescreen der Scanning-Stationen gross angezeigt, dass die Säcke etwas kosten. Und wenn es trotzdem einmal vergessen geht, ist immer auch eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in der Nähe, um den Kunden freundlich darauf hinzuweisen.»
Recycling-Plastik ist ökologisch
Plastik, Papier oder kompostierbare Säcke? Das Interview mit Christine Wiederkehr-Luther, Leiterin der Abteilung Umwelt beim Migros-Genossenschafts-Bund, gibt Aufschluss.
Frau Wiederkehr, ist die Migros zufrieden mit der Einführung eines Preises für Einweg-Plastiksäckli?
Christine Wiederkehr-Luther: Ja, sehr. Wir verzeichnen nicht nur eine Reduktion des Verbrauchs von rund 80 Prozent, auch die Kunden haben positiv reagiert. Ein weiterer positiver Aspekt ist das Material der Säcke: Neu stammt zudem das Material der Säcke zu 100 Prozent aus Recyclingplastik. Sie werden unter anderem aus den wiederverwerteten Schrumpffolien der Palettenverpackung hergestellt. Damit haben wir die beste Ökobilanz für Einweg-Plastiksäcke und schliessen zusätzlich einen wertvollen Kreislauf.
Aber Papiertragtaschen wären immer noch besser?
Eine Studie* hat gezeigt, dass Papiertragtaschen nur dann Sinn machen, wenn sie mindestens siebenmal gebraucht werden. Für den Einmaleinsatz schneiden unsere neuen Einwegsäcke besser ab.
Waren kompostierbare Säcke kein Thema?
Wir haben dies geprüft. Einzig in der Genossenschaft Waadt, die übrigens die Kostenpflicht für Säcklein schon 2013 eingeführt hatte, werden biologisch abbaubare Säckchen verwendet. Dies vor allem, weil in der Waadt eine enge Zusammenarbeit mit einem Biomasse-Verwerter besteht. Für einen gesamtschweizerischen Einsatz hat sich jedoch gezeigt, dass der ökologische Fussabdruck unserer Recyclingplastiksäcke deutlich kleiner ist.
Coop: Oekoplan-Säckli ebenfalls für fünf Rappen
Nach einem erfolgreichen Testlauf in 10 Zürcher Filialen bis Mitte Februar gibt es nun in allen 850 Coop-Supermärkten in der ganzen Schweiz die neuen Oekoplan-Säckli für fünf Rappen. Diese bestehen aus 100 Prozent Recyclingmaterial, das weitgehend aus Folienabfällen aus den Coop-Verteilzentren stammt. Die bisherigen Kundenreaktionen sind gemäss Coop sehr positiv, bereits konnte die Menge der abgegebenen Säcke um 85 Prozent gesenkt werden.