Innerhalb ökologischer Grenzen wirtschaften

Die Umwelt schützen und gleichzeitig ein rentables Geschäftsmodell führen. Das ist die Vision, welche hinter dem Konzept der Kreislaufwirtschaft steht. Doch geschlossene Kreisläufe führen nicht in jedem Fall zu einer Verbesserung der Umweltbilanz. Drei Forscherinnen der ETH Zürich entwickeln Ansätze zur Messung von nachhaltiger Kreislaufwirtschaft. Sie zeigen, welche Massnahmen beim Rezyklieren von Materialien sinnvoll sind und welche nicht.  

Die Schweizer Wirtschaft entwickelt sich zunehmend in Richtung Kreislaufwirtschaft. Es ist ihr unter anderem gelungen, das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Damit sollen etwa durch Wiederverwertung, Reparatur oder Recycling weniger Ressourcen verbraucht und weniger Abfälle produziert werden. Das Konzept der Kreislaufwirtschaft wird bisher noch sehr unterschiedlich definiert. Drei ETH-Forscherinnen zeigen auf, dass geschlossene Kreisläufe nicht allein zu einer nachhaltigen Verbesserung der Umweltbilanz führen.

Nachhaltige Kreislaufwirtschaft ist mehrdimensional

Nachhaltigkeit strebt per Definition ökologische, ökonomische und soziale Ziele gleichrangig an. Sie wird als eine Form des umweltbewussten und wirtschaftlichen Handelns verstanden, die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen vergleichbare oder sogar bessere Lebensbedingungen sichern soll. Die meisten Ansätze der Kreislaufwirtschaft werden jedoch bisher kaum hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit gemessen. Sie orientieren sich mehrheitlich an Massenbilanzen und Quoten. So werden wiederverwertete Materialien lediglich mit der Anzahl konsumierter Produkte verglichen. Ökologische sowie soziale Konsequenzen werden dabei vernachlässigt. Um einen Schritt weiter in Richtung nachhaltige Kreislaufwirtschaft tun zu können, braucht es gemäss der Analyse der ETH-Forscherinnen drei Dinge: Erstens müssen Definitionen von Kreislaufwirtschaft alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit beinhalten. Zweitens müssen sogenannte Rebound-Effekte berücksichtigt werden. Diese entstehen, wenn durch eine ökologische Verbesserung eine höhere Nachfrage eines Produkts erzeugt wird oder zu mehr Konsum in anderen Bereichen führt, sodass sich dies schlecht auf die Umweltbilanz auswirkt. Zuletzt müssen Zielkonflikte zwischen dem Kreislauf und den drei Dimensionen der Nachhaltigkeit in die Beurteilung einfliessen.

Nachhaltige Kreislaufwirtschaft ist mehrdimensional: Eine Frage der Balance

Eine Frage der Balance

Die Umweltexpertinnen veranschaulichen am Beispiel gebrauchter Glasflaschen einen solchen Zielkonflikt: Aus ökologischer Perspektive kann es vorteilhafter sein, Altglas für Isolationsmaterial zu verwenden und somit ölbasierte Isolationsmaterialien zu vermeiden, anstatt mit diesen neue Glasflaschen herzustellen. Sie zeigen zudem die ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitsindikatoren anhand der Entwicklung von PET-Recycling auf: So war die erste Phase nach der Gründung von PET-Recycling Schweiz vor allem ökologisch betrachtet interessant, da die Sammelrate zwischen 1991 und 1993 von 0 auf 60 Prozent anstieg. Wirtschaftlich war diese Phase aufgrund hoher, freiwilliger vorgezogener Recyclingbeitrage von den Flaschenproduzenten weniger gewinnbringend. Dies hat sich jedoch ab dem Jahr 2000 dank neuen Technologien geändert. Zum ersten Mal konnten dünne Flaschen aus hundertprozentigem Recycling-PET hergestellt werden. Dank etablierten R-PET-Märkten konnten zudem Skaleneffekte genutzt werden – also Grössenvorteile, bei welchen die Kosten aufgrund steigender Produktionsmenge sinken. Auch die Sammelrate stieg auf 83 Prozent weiter an, was ökologisch betrachtet erfreulich ist. Eine Sammelrate von 100 Prozent ist zwar ökologisch wünschenswert, jedoch aus wirtschaftlicher Sicht nicht tragbar. Denn eine so hohe Sammelrate würde mehr Logistikkosten verursachen, als Absatz aus dem Verkauf von R-PET generiert werden könnte.