Auf den 1. Juni hat Jean-Claude Würmli die Geschäftsführung von PET-Recycling Schweiz von seinem Vorgänger René Herzog übernommen. In vielen Bereichen erwartet er in den nächsten Jahren wichtige Weichenstellungen, wie er im Interview erklärt.
PETflash: Herr Würmli, wo steht PET-Recycling Schweiz heute?
Jean-Claude Würmli: Nach 24 Jahren ist die PET-Recycling Schweiz bestens aufgestellt und hervorragend positioniert. Wir verfügen über ein starkes Fundament, auf dem ich nun mit unseren Mitarbeitenden, Mitgliedern und Partnern aufbauen kann. Jetzt geht es darum, unsere Organisation weiter zu verbessern und für die Zukunft vorzubereiten.
Welche Ziele stehen zuoberst auf Ihrer Liste?
Zuerst ist es ein pragmatisches Ziel: Wir müssen unsere Finanzierung sicherstellen. Es mag auf den ersten Blick ein Widerspruch sein, aber da jedes gesammelte und letztlich verarbeitete Kilo mehr Aufwand verursacht, als es Ertrag bringt muss die Differenz mit dem vorgezogenen Recyclingbeitrag ausgeglichen werden. Deshalb werden wir per 1. Januar 2015 bei den 0.5 l PET-Getränkeflaschen die vorgezogene Recyclinggebühr leicht anheben müssen. Mit einem höheren vRB auf den kleinen Flaschen, welche die grössten Kosten verursachen, lässt sich die heutige Finanzierungslücke wieder schliessen, die immer grösser werdenden Aufgaben meistern und die Verwertungsquote weiter steigern. Zweitens müssen wir die Weichen für die nächsten Jahre stellen und uns für mögliche neue Materialien vorbereiten, wie zum Beispiel andere Plastik-Flaschenoder PE-Folien. Und drittens steht ein Ausbau von Logistik und Infrastruktur an, zum Beispiel in den Sortierzentren in Bern und Frauenfeld.
Welche grossen Schritte erwarten Sie in den nächsten Jahren?
Wir müssen in Zukunft den gesamten Umweltbereich viel umfassender anschauen und Planungssicherheit für die ver- und entsorgenden Industrien sicherstellen. Die reine Mengenbetrachtung eines zu rezyklierenden Stoffes ist völlig verkehrt, denn sie sagt zunächst nichts über die Be- oder Entlastung der Umwelt aus. Die Produkteverantwortung – wie Sie heute bei der PET-Getränkeflasche gelebt wird – entfaltet ihre Wirkung durch Rückkoppelung auf die Ausgestaltung umweltfreundlicher und recyclingfähiger Verpackungen und Waren. Das Resultat: eine brillante Ökobilanz. Die Materialwahl, reduzierte Material-Intensität (Gewicht), recyclingfreundliche Ausgestaltung und der Einsatz von Rezyklaten/Sekundär-Rohstoffen leisten einen entscheidenden Beitrag zur verbesserten Ressourcen-Effizienz und zur Verringerung der Umweltbelastung. Zuletzt soll auf dem vorhandenen, hochentwickelten Fundament bestehender Recyclinglösungen aufgebaut und Synergien optimal genutzt werden, was letztlich zu schlanken, effizienten Lösungen führt.
Heisst das, dass es in ein paar Jahren nur noch eine Sammelorganisation geben wird?
Nein, das denke ich nicht. Jede Organisation verfügt über ihre Stärken. Wichtig ist es, dass man diese miteinander verbindet und Synergien nutzt. Diesbezüglich ist PET-Recycling Schweiz gut positioniert, so dass wir auch für weitere Aufgaben oder Möglichkeiten bereit sind. Ich sehe uns zunehmend als Drehscheibe, die sich dank der guten Organisation um verschiedene Materialien kümmern kann.
Welche Entwicklung erwarten Sie beim PET selbst?
Ich bin überzeugt, dass wir schon in ein paar Jahren massgebliche Weiterentwicklungen von PET in unseren Händen halten werden. Die Forschung ist weit fortgeschritten, zum Beispiel um den Anteil von Erdöl mit Materialien aus Pflanzen zu ersetzen. Alternativprodukte für PET stehen sozusagen bereits in den Startlöchern.
Dann wird es in ein paar Jahren gar kein PET mehr geben?
Das wird sicher noch dauern, aber die Materialien werden sich sicher verändern, um sowohl ökologisch als auch ökonomisch Verbesserungen zu erreichen. Gerade der wirtschaftliche Aspekt darf nicht ausser Acht gelassen werden. Auf unsere Initiative hin sind wir seit einigen Jahren im regelmässigen Kontakt mit Sammelorganisationen, Herstellern und Markeninhabern aus ganz Europa, um genau solche Fragen zu erörtern.
Welchen Wunsch haben Sie als neuer Geschäftsführer von PET Recycling Schweiz?
Ganz viele, meine Liste ist lang. Aber ganz allgemein wünsche ich mir, dass wir unsere Entscheide mehr im Hinblick auf die Zukunft fällen als nur die Gegenwart im Auge zu haben. Gerade in unseren Bereich mit Umweltschutz und Ressourcenmanagement wird das immer wichtiger.

Jean-Claude Würmli – zur Person
Bereits seit 2001 steht Jean-Claude Würmli (46) als Leiter Marketing und stv. Geschäftsführer bei PET-Recycling Schweiz im Einsatz. Davor war er im Marketing Verkauf in Unternehmen in der Musik- und Modeindustrie tätig. Jean-Claude Würmli ist verheiratet und hat einen 11-jährigen Sohn. In seiner Freizeit ist er mit seiner Familie oft in den Bergen oder beim Reisen überall auf der Welt anzutreffen.