Von der Picknickdecke direkt ins Recycling
Überall in der Schweiz werden auch im öffentlichen Raum immer mehr Recyclingstationen installiert. Damit ist auch an solchen stark frequentierten Orten jederzeit das gezielte Entsorgen und Rezyklieren von PET-Getränkeflaschen sowie Glas- und Alu-Gebinden möglich. Das Beispiel aus Bern zeigt, dass dies ankommt.
Die kleine Schanze mitten in Bern ist ein beliebter Treffpunkt. Die Wiesenflächen laden in der warmen Jahreszeit zum Verweilen, Schlafen, Spielen und besonders zum Picknicken unter freiem Himmel ein. «Die Stadt Bern hat seit ein paar Jahren damit begonnen, diese öffentlichen Räume noch mehr ihren Bürgerinnen und Bürgern zur aktiven Nutzung anzubieten – im Sinne von zusätzlichem Wohnraum», erklärt Matthias Lemke, Projektleiter Strassenreinigung in der Direktion für Tiefbau, Verkehr und Stadtgrün bei der Stadt Bern. Damit es an diesen öffentlichen Orten genauso sauber wie in den eigenen vier Wänden bleibt, brauche es in erster Linie den sorgsamen Umgang der Benutzerinnen und Benutzer «und vor allem auch zusätzliche Recyclingstationen, die das nach Fraktionen unterteilte Entsorgen möglich machen».

Start mit Pilotprojekt
Eine Motion der SP-Fraktion im Berner Stadtrat forderte bereits 2013, die Abfalltrennung an öffentlichen, neuralgischen Punkten einzuführen. 2017 wurde das Pilotprojekt gestartet, verantwortlich dafür war Matthias Lemke: «Wir haben zwölf Recyclingstationen angeschafft und diese an sieben verschiedenen Orten aufgestellt.» Da es als Test aufgebaut war, kamen zwei unterschiedliche Modelle à je sechs Stück zum Einsatz. Für das Projekt wurde zudem ein elektrisch betriebenes Fahrzeug gekauft, das ausschliesslich für diesen Zweck zum Einsatz kommt.
Es funktioniert
Schnell hat sich gezeigt, dass die zusätzliche Möglichkeit, PET-Getränkeflaschen, Aluminium, Papier und Restmüll getrennt zu entsorgen, auf Anklang stösst. «Wir hatten relativ wenige Fehleinwürfe», erinnert sich Matthias Lemke, «und wenn, waren es vor allem beschichtete Kaffeebecher, die beim Papier landeten.» Während des Testlaufs seien die einzelnen Fraktionen jeden Tag genau untersucht und quantitativ festgehalten worden. «Das waren gute Grundlagen, um die Projektphase bereits im Frühling statt im Herbst dieses Jahres erfolgreich abzuschliessen und in den Regelfall überzuleiten.» Und bereits stehen weitere Massnahmen an: «Das Bedürfnis in der Bevölkerung ist so gross, dass wir das System weiter ausbauen.» Das Endziel betrage 50 Recyclingstationen, bis Ende Jahr sollen weitere 11 aufgestellt werden, wobei in Zukunft nur noch ein Modell zum Einsatz komme.

Leeren und reinigen
Wie wichtig die neuen Recyclingstationen an öffentlichen Orten sind, zeigt sich bestens auf der kleinen Schanze. Nach der Mittagspause führt an den Recyclingstationen kein Weg vorbei, und alles wird schöngeordnet in die jeweiligen Abteile entsorgt. Das bestätigen auch José Antonio Paz und Bekim Shagshi. Sie sind heute mit dem Elektromobil unterwegs, um an den sieben Standorten die Sammelstellen zu leeren. Sie sind zwei von insgesamt 34 Strassenreinigern, die in Bern den öffentlichen Raum sauber halten und neu seit 2017 abwechselnd auf die Leerungstour gehen. «Meist sind wir alleine unterwegs», erklärt José Antonio Paz, «aber an gewissen Tagen kommen wir auch zu zweit zum Einsatz, um neben dem Wechseln der Sammelsäcke die Recyclingstationen zu reinigen. » Die Sammeltour findet täglich statt – und, wie Bekim Shagshi anfügt, «an besonders schönen Tagen oder manchmal an Wochenenden bis zu viermal am Tag». Dass das Bedürfnis gross ist, zeigt sich an der heutigen Ausbeute: «Die Leute nutzen dieses Angebot intensiv», fügt José Antonio Paz an, «sodass es richtig ist, die Anzahl der Recyclingstationen weiter auszubauen.»

Flexibel eingesetzt
Für Matthias Lemke bringt die Installation von Recyclingstationen im öffentlichen Raum verschiedene Vorteile: «Wir stellen einerseits fest, dass weniger Abfall auf der Strasse liegen bleibt, andererseits landen die nun separat gesammelten Fraktionen im Recycling – und nicht mehr im Restmüll. » Die neuen Recyclingstationen lassen sich zudem auch flexibel einsetzen: «Findet irgendwo auf dem Stadtgebiet eine Veranstaltung statt, können die Sammelstellen auch kurzfristig verschoben werden.» Überrascht sei er während des Testlaufs von einzelnen Standorten gewesen: «Keine Recyclingstation wird so gut genutzt wie jene bei der «Reithalle». Die Leute sind davon begeistert.»
Neue Recyclingstationen in Zürich
Auch die Stadt Zürich baut ein öffentliches Netz an Recyclingstationen auf. Am 1. Oktober wurden von Entsorgung + Recycling Zürich (ERZ) am Bellevue, Stauffacher und Limmatplatz insgesamt 19 Recyclingstationen des SBB-Modells anstelle von bisherigen Abfallbehältern aufgestellt. Damit wird ein sechsmonatiger Testlauf gestartet, der aufgrund eines Postulats im Zürcher Gemeinderat initiiert wurde.